Gedankendienstag

In der tiefen Stille der Trauer entfalten sich oft widersprüchliche Gefühle, die gleichzeitig Raum in unserem Herzen einnehmen. Das Gedicht „Gleichzeitigkeit“ lädt uns ein, die komplexe Natur von Emotionen zu erkunden – nicht nur im Schmerz, sondern auch im bunten Alltag.

📌 Wie begegnen wir der Freude neben der Traurigkeit?
📌 Welche Kraft steckt in der Akzeptanz dieser beiden Wahrheiten?

„Gleichzeitigkeit“ von Christina Brudereck

Wir können gleichzeitig glücklich und unglücklich sein.
Meistens ist es einfach so.
Und wir dürfen uns beides erlauben.

Mitten in der Trauer erleben wir: Es gibt Grund zum Freuen. Wir lachen sogar.
Dann ist es fast so, als dürften wir das nicht.
Als würde von uns erwartet, dass wir unglücklich sind.
Als wüssten unsere Umgebung und die Gesellschaft, was wir fühlen sollen.

Und umgekehrt, mitten im Glück erleben wir:
Wir leben in Frieden und Freiheit. Sind satt.
Und trotzdem manchmal tief traurig. Nicht nur zornig über die weltweite Ungerechtigkeit.
Die Hilflosigkeit der Institutionen.
Sondern einfach unglücklich.
Melancholisch, schwermütig, verzweifelt.
Wir leiden nicht, aber wir sind diese Welt so leid.
Auch dann ist es fast so, als dürften wir das nicht.
Als müssten wir fröhlicher sein.
Gleichzeitig glücklich und unglücklich.
Wir dürfen uns beides erlauben.“